ZUR LAGE IN DER UKRAINE

Zur Lage in der Ukraine
Quelle: Collage tvnva, Archiv tvnva

Kriegsvorbereitung

Die Ukraine ist seit dem mit US-Milliarden finanzierten Staatsstreich im Jahr 2014 ein potentieller Kriegsherd, der mit stetigen westlichen Zuwendungen am Köcheln gehalten wurde. Denn der Westen wollte erklärtermaßen den „Preis“ in die Höhe treiben, den Moskau für den völkerrechtskonformen Beitritt der Krim zum russischen Staatsverbund würde zahlen müssen. Dass es der NATO nicht möglich war, die Krim als Marine- und Luftwaffenstützpunkt zu vereinnahmen und dass etliche Öl- und Gasvorkommen im Festlandschelf der Halbinsel nicht durch westliche Konzerne ausgebeutet werden können, sorgt in den USA und Westeuropa für Verärgerung. Doch darüber hinaus ist der Ukraine nach wie vor eine zentrale Rolle in der US-Geopolitik zugedacht. Das Land soll zum militärischen Aufmarschraum gegen Russland ausgebaut werden und damit die Einschließung des westlichen Angstgegners in Europa vollenden. Und so wurden unter anderem die ukrainischen Streitkräfte für einen zukünftigen Waffengang im Osten ertüchtigt. 250.000 Soldaten stehen unter Waffen, die Armee kann auf ca. 100.000 gediente Reservisten zurückgreifen. Eine besondere Rolle spielen die zumeist aus nationalistischen Freikorps hervorgegangenen Einheiten der ukrainischen Nationalgarde, die zwar formal dem Kiewer Innenministerium unterstehen, aber im Fronteinsatz oft die Befehlskette ignorieren und nach eigenem Gutdünken über militärische Operationen entscheiden. Die ideologisch zumeist dem neofaschistischen „Rechten Sektor“ der Staatsstreichphase zuzuordnenden Einheiten umfassen ca. 60.000 Mann, sind militärisch besser ausgerüstet als die Armee und sie sind vor allem motivierter im Gefecht.

Die Empörung westlicher Politiker darüber, dass Moskau diese Kräftegruppierungen in unmittelbarer Grenznähe und die im Westen grassierende Vorstellung einer strategischen Einschließung Russlands als Beeinträchtigung der nationalen Sicherheit betrachtet, ist vor dem Hintergrund der wortbrüchigen NATO-Osterweiterung nach 1990 pure Heuchelei.

Durch die mit wohlwollender Billigung Washingtons forcierte Eskalation des Konfliktes in der Ostukraine sollen vor allem die westeuropäischen NATO-Staaten politisch erpresst und zu einer Beteiligung genötigt werden. Die von Präsident Selenskij mehrfach geäußerte Auffassung, nur eine schnell herbeigeführte NATO-Mitgliedschaft seines Landes könne die Lösung des Konfliktes in der Ostukraine ermöglichen, bestätigt diese Interpretation. Allerdings hielt sich die Begeisterung für diese Vorschläge in Berlin und Paris sehr in Grenzen. Nur in den Vereinigten Staaten war Selenskij der Beifall der Hardliner im Weißen Haus sicher. Und so gab denn auch der Ausschuss für auswärtige Beziehungen des US-Senats am 21. April 300 Millionen US-Dollar jährlicher Militärhilfe für die Ukraine frei. Darin sind Waffenlieferungen ausdrücklich eingeschlossen. Außerdem wurde ein Gesetz über die Sicherheitspartnerschaft mit der Ukraine verabschiedet.

Die unter dem Druck nationalistischer Gruppierungen seit 2014 handelnden ukrainischen Regierungen waren bislang nicht in der Lage, den Konflikt in der Ostukraine militärisch zu entscheiden. Sie sperrten sich aber auch konsequent gegen die Umsetzung der Festlegungen des Minsker Abkommens, das den Weg für eine politische Lösung ebnen sollte. Der ukrainische Präsident Selenskij hat erklärt, dass er nicht bereit ist, sich an die Festlegungen des Minsker Abkommens zu halten. Vielmehr sei das Abkommen nicht mehr zeitgemäß. Diese Position ist auch den am Zustandekommen der Vereinbarung beteiligten Politikern in Berlin und Paris bekannt.

Kriegserklärung

Der ukrainische Präsident Selenskij unterzeichnete am 24. März 2021 das Dekret Nr. 117/2021 über die Entscheidung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine vom 11. März 2021 „Zur Strategie der Beendigung der Besetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebietes der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol“. Selenskij sorgte mit seiner Unterschrift unter das Papier dafür, dass ein friedlicher Ausgleich mit Russland und den ostukrainischen Republiken faktisch ausgeschlossen wird. Denn das Dokument ist der in Gesetzesform gegossene Auftrag an den ukrainischen Staat, die Sezession der Krim und der ostukrainischen Republiken mit allen Mitteln rückgängig zu machen. Diese Gebiete – vor allem die Krim – sollen von russischer Besetzung „befreit“ und in die Ukraine re-integriert werden. Neben diversen Regelungen zur politischen und verwaltungstechnischen Umsetzung dieser Idee findet sich in Artikel 91 des Papiers die Aussage, dass sich die Ukraine gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen „das Recht vor(behält), alle Mittel zum Schutz der Menschenrechte und Bürgerrechte und -freiheiten, der Unabhängigkeit, der staatlichen Souveränität und der territorialen Integrität anzuwenden, die durch das Völkerrecht und die Gesetzgebung der Ukraine vorgesehen sind.“ Die Berufung auf die UN-Charta ist allerdings ein propagandistischer Notbehelf, denn Artikel 51 der Charta schreibt lediglich das Recht der Mitgliedsstaaten zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs fest – bis der UN-Sicherheitsrat „die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat“. Daher muss die ukrainische Regierung die per Referendum legitimierte Sezession der Krim und den Aufstand in der Ostukraine als russischen Angriff definieren. Und das ist auch der Grund, warum ukrainische Streitkräfte in den vergangenen Wochen den Konflikt in der Ostukraine eskalierten und ein massiver ukrainischer Truppenaufmarsch erfolgte. Ukrainische Militärs haben erklärt, einen Blitzkrieg gegen die abtrünnigen Republiken führen und den Donbass so schnell überrollen zu wollen, dass Moskau nicht reagieren kann. Für diesen „Blitzkrieg“ gegen die ostukrainischen Republiken hat Kiew 400 bis 500 Kampfpanzer bereitgestellt, davon 300 bis 320 in der operativen Richtung Donezk und 150 bis 180 gegen Lugansk. Hinzu kommen 900 Schützenpanzer und Schützenpanzerwagen, ca. 1.000 Geschütze, Mienenwerfer und Geschosswerfer, etwa 100 Kampfflugzeuge und 70 Aufklärungsdrohnen aus israelischer und US-Produktion sowie sechs türkische Drohnen des Typs Bayraktar. Dass die Türkei sich bereitfand, der Ukraine weitere Angriffsdrohnen des Typs Bayraktar TB 2 für den Einsatz gegen die Donbass-Republiken zu liefern, löste in Moskau Verärgerung aus. Außenminister Lawrow warnte die Türkei unlängst eindringlich vor solchen Geschäften. Außerdem wurden die ukrainischen Streitkräfte mit Panzerabwehrlenkraketen aus US-Produktion ausgerüstet. Erst nach diesem ukrainischen Truppenaufmarsch sah sich Russland veranlasst, entlang der Westgrenze militärische Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen.

Militärische Aktionen

Russland sollte durch den ukrainischen Truppenaufmarsch und die gezielte Eskalation zu einem direkten militärischen Eingreifen veranlasst werden, damit die Ukraine die Chance gehabt hätte, sich als Opfer einer Aggression zu präsentieren, was ein direktes militärisches Engagement der USA und der NATO gegen Russland hätte legitimieren können.

Bei allen diesen militärischen Aktivitäten geht es nicht um die Sicherung der Souveränität des Landes. Die Idee, die Ukraine in einen militärischen Konflikt mit Russland zu drängen und die naive Vorstellung, der Westen könne sich im Zweifel in einem Krieg gegen Russland durchsetzen, finden ihre Erklärung nur, wenn der geostrategische Rahmen mitgedacht wird. Vor dem Hintergrund der globalen US-Strategie des Machterhalts wurde der Kriegsherd Ukraine über Wochen befeuert und das geschundene und ausgeplünderte Land zum Testfeld amerikanischer Eskalationskonzepte. Bereits aktuell sind NATO-Militärberater und ganze NATO-Einheiten verdeckt in der Ukraine im Einsatz. Die von März bis Juni vor allem in der Schwarzmeerregion ablaufende NATO-Manöverserie Defender Europe 21, die vielen zusätzlichen Truppenübungen entlang der gesamten russischen Westgrenze, vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer, schaffen die Basis für gegen Russland gerichtete Militäroperationen. Betrachtet man allein die im Rahmen von Defender Europe 21 geplanten Manöver, wird die Brisanz der Lage deutlich: Swift Response (Anfang bis Mitte Mai) umfasst Luftlandeoperationen in Estland, Bulgarien und Rumänien mit mehr als 7.000 Soldaten aus elf Ländern, Immediate Response (Mitte Mai bis Anfang Juni) beinhaltet diverse Gefechtsschießübungen in zwölf Ländern auf 31 Truppenübungsplätzen mit ca. 5.000 Soldaten aus acht Ländern zzgl. einer Logistik-Seelandeübung, Saber Guardian (Mitte Mai bis Anfang Juni) ist eine kombinierte Luft- und Raketenabwehrübungen, verknüpft mit dem Training umfangreicher medizinischer Evakuierungen unter Einbeziehung von mehr als 13.000 Soldaten aus 19 Ländern. Und für den Juni ist eine Kommandostabsübung geplant, bei der es um das Training der Führung multinationaler Landstreitkräfte in einer gemeinsamen und kombinierten Trainingsumgebung (ca. 2.000 Teilnehmer) in Verbindung mit realen Operationen in 104 Ländern auf zwei Kontinenten gehen soll. Diese miteinander verzahnten Truppen- und Kommandostabsübungen orientieren sich erkennbar an Kriegsszenarios, die derzeit in NATO-Stäben bei einem Waffengang gegen Russland für möglich gehalten werden. Die Truppen absolvieren in unmittelbarer Nähe zu möglichen Einsatzräumen Gefechtsübungen mit scharfem Schuss, die auch der Vorbereitung eines Angriffskrieges aus einer Manöverlage heraus dienen könnten.

Dass Kriege nur geführt werden können, wenn die Bevölkerung dazu bereit ist und sie für erfolgversprechend hält, wusste schon Fontane. Also wird der NATO-Aufmarsch im Osten durch die hiesigen Medien sekundiert, die unisono die Ukraine als Opfer vermeintlicher russischer Bedrohungen stilisieren. Und dass Russlands Truppendislozierung an seiner Westgrenze dem Aufmarsch der NATO- Manövertruppen und der Kriegsrhetorik in der Ukraine geschuldet war, wurde verschwiegen. Stattdessen musste der Fall Navalny bemüht werden, um in der Bevölkerung das ohnehin fest verankerte antirussische Feindbild zu aktivieren.

Und als Russland am 22. April den Abzug seiner zusätzlich stationierten Truppen von der Westgrenze und der Krim bis zum 1. Mai bekannt gab, war das den deutschen Medien nur eine kurze Meldung wert, während man in den Tagen seit Ostern unentwegt umfangreiche Berichte über den russischen Truppenaufmarsch kolportiert hatte. Weil nun das in westlichen Medien gepflegte antirussische Argumentationsmuster ins Wanken zu geraten drohte, meldete sich sofort Kiews Botschafter in Berlin mit der Behauptung, dass dieser russische Truppenabzug kein Deeskalationssignal sei, sondern eine Finte, weil angeblich die schweren Waffen im Grenzgebiet blieben und man nur das Personal abziehe. Solche Äußerungen verraten, worum es der Kiewer Regierung und ihren Gönnern im Westen tatsächlich geht. Man benötigt zur Umsetzung der strategischen Pläne in der Ukraine dringend einen belastbaren Kriegsgrund, ein Ereignis, mit dem man Russland als Aggressor brandmarken und die militärische Unterstützung der NATO für die Ukraine legitimieren kann. Man benötigt einen ganz konkreten Zwischenfall, der dem Westen als Rechtfertigung für weitere militärische Operationen im Osten dienen kann. Die Geschichte kennt etliche Beispiele für solche Inszenierungen. Die Gefahr, dass von interessierter Seite ein solcher Kriegsgrund geschaffen wird, ist nicht vorüber. Die Tage nach dem orthodoxen Osterfest, vom 30. April bis 2. Mai 2021, werden es zeigen.

Kriegsgefahr

Um den Ernst der Lage in der Ukraine und die möglichen Konsequenzen einer erneuten Eskalation für Europa und die Welt zu verstehen, ist es hilfreich, sich ein mögliches Kriegsszenario vorzustellen. Etliche Militärexperten halten im schlimmsten Fall den folgenden Ablauf der Ereignisse für denkbar:

Angriffsvorbereitung

Parallel zu einer intensiven Kriegspropaganda gegen den Donbass und Russland erfolgt durch Einheiten der Nationalgarde und der ukrainischen Armee die verstärkte Aufklärungstätigkeit (gefechtsmäßige Aufklärung) entlang der Grenzlinie zum Donbass zur Feststellung der Verteidigungsfähigkeit der Selbstverteidigungskräfte (SVK). Dabei werden auch Spezialkräfte zum Einsatz gebracht. Der ukrainische Präsidenten Selenskij erliegt dem Druck der Militärs und der Nationalisten. Er erteilt den Befehl zum Angriff.

  1. Phase der Kampfhandlungen

Ukrainische Streitkräfte greifen die Stellungen der SVK der Donbass-Republiken nach dem orthodoxen Osterfest, z.B. in den Morgenstunden des 05.05.2021, vorbereitet durch einen massiven Feuerüberfall (Artillerievorbereitung), mit schweren Waffen an. Das Ziel besteht in der schnellen Zerschlagung der SVK, was das Vordringen in das Donbass-Gebiet bis zur russischen Grenze ermöglichen würde. Die russische Seite soll keine Möglichkeiten haben, die SVK wirksam zu unterstützen oder in das Kampfgeschehen einzugreifen. Die USA/NATO warten ab, wie sich die Kampfhandlungen entwickeln und greifen nicht ein.

  1. Phase der Kampfhandlungen

Die Kampfhandlungen gestalten sich nicht wie durch die Kiewer Regierung geplant und die ukrainischen Streitkräfte geraten unter Druck, können die militärischen Ziele sichtbar nicht erreichen. Es erfolgen Falschdarstellungen zum Kriegsverlauf, das Feindbild Russland wird verstärkt und Vorwände für ein legitimiertes und nunmehr zwingend notwendiges Eingreifen der USA/NATO geschaffen, „um eine humanitäre Katastrophe in der Ukraine zu verhindern, die Souveränität der Ukraine und deren Bevölkerung gemäß Völkerrecht“ zu gewährleisten. Der ukrainische Präsident Selenskij bittet die USA/NATO um Hilfe gegen den „russischen Aggressor“. Die USA verstärken ihre Waffenlieferungen und greifen schließlich mit regulären Truppen, die wegen des Manövers Defender Europe 2021 bereits in der Schwarzmeerregion disloziert sind, in den Krieg ein. Gleichzeitig verlegen die USA weitere Truppen aus den USA nach Europa. Diese Einheiten übernehmen bereits in Europa eingelagerte Kampftechnik. Bei Konfrontation ihrer Truppen mit russischen Streitkräften bestehen die USA auf der formalen Feststellung des NATO-Bündnisfalls. Die NATO-Gremien folgen den USA, flankiert mit Meldungen wie: „Europa muss den Menschen in der Ukraine zur Hilfe eilen, darf nicht abseitsstehen, die Verteidigung Deutschlands beginnt am Donbass“. Deutsche Politiker erklären, dass es um die „Verteidigung der westlichen Werte, Demokratie, Freiheit“ geht. Der Deutsche Bundestag macht die Aussetzung der Wehrpflicht rückgängig. Die Einberufung gedienter Reservisten beginnt, um die Bundeswehr schnell auf Kriegsstärke aufwachsen zu lassen. Zusätzliche Kampfverbände der NATO werden in Richtung Osten in Marsch gesetzt.

  1. Phase der Kampfhandlungen

Die Kampfhandlungen erfolgen zunächst beschränkt auf das Gebiet der Ukraine und die grenznahen Gebiete Russlands. Zunächst geführt mit konventionellen Mitteln, dynamisieren sich die Kampfhandlungen in Abhängigkeit vom Kriegsverlauf bis zum Einsatz von taktischen Kernwaffen durch die Seite, die in die Defensive zu geraten droht. Weil Deutschland Logistikdrehscheibe für die NATO-Operationen im Osten ist, werden die Führungseinrichtungen der NATO in Westdeutschland (z.B. in Ramstein und Wiesbaden) durch Russland mit nuklearen Raketenschlägen schnell bekämpft, danach oder gleichzeitig erfolgen Schläge gegen militärische und zivile Infrastruktureinrichtungen, militärische Konzentrierungsräume, Industrieanlagen und Nachschubwege etc.

  1. Phase der Kampfhandlungen

Der wechselseitige Einsatz von Nuklearwaffen eskaliert. Es kommt zum umfassenden globalen Einsatz dieser Waffen durch die Kriegsparteien. China erfüllt seine Bündnisverpflichtungen gegenüber Russland und greift in den Krieg ein. Der Krieg entwickelt sich zum finalen Weltkrieg, einer Katastrophe für Europa und den Fortbestand der Menschheit weltweit.

 

Das wäre das Ende der Zivilisation.

 

von Redaktion (Kommentare: 0)

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